100 Jahre Hund Möbelwerke

100 Jahre Hund Möbelwerke

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Am 13. Juli 2019 feierten die Hund Möbelwerke in Biberach mit ihren Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeitern ihr 100-jähriges Bestehen.

Sehr viele kennen das Krisenjahr 1919 nur noch aus den Geschichtsbüchern. Ein Krisenjahr zwar, aber auch eine Zeit des Aufbruchs in eine ungewisse Zukunft. In genau dieser Zeit gründen Wilhelm Beller, Reinhard Häufle, Paul Schmelcher und Franz Mangelsdorf mit derPatentmöbelfabrik den ersten Industriebetrieb in Oberwolfach im Schwarzwald. An dem Standort an dem 1914 noch die Schreinerei Reinhard Häufele Insolvenz anmelden muss, entsteht nach dem Krieg eine Möbelproduktion in industriellem Maßstab. Die Patentmöbelfabrik stellt unter anderem Rolladenschränke her, die sie für Fachhändler aus dem ganzen damaligen Deutschen Reich produziert und die das Patent an diesen Schränken halten. Am 15.11.1920 wird der aus Offenburg stammende Fritz Hund als Gesellschafter der Patentmöbelfabrik GmbH eingetragen.

Die Familie Hund hatte bis dahin in Offenburg eine Brauerei und mehrere Offenburger Gaststätten betrieben, unter anderem den schillernden Palmengarten in der Hauptstraße und die ehemalige Prinzenhalle gegenüber dem Kloster. Bis zu seinem Tod 1946 leitet Fritz Hund die florierende Möbelfabrikation mit großem Erfolg und schafft das Fundament für die 100-jährige Traditions- und Unternehmensgeschichte der späteren Hund Möbelwerke GmbH & Co. KG. Im Jahr 1946 übergibt er das Unternehmen, mittlerweile als alleiniger Gesellschafter, seinen Söhnen Horst und Gerd Hund. Aber der Weg dahin ist steinig. Die 20er Jahre bleiben ein politisch und wirtschaftlich instabiles Jahrzehnt. 1925 wird aufgrund schlechter Konjunktur und Auftragslage neben dem eigentlich Büromöbelprogramm und den in 1924 ins Programm aufgenommenen Schlafzimmern auch noch die Fertigung von schweren Wohn- und Herrenzimmern aufgenommen. Und instabil und schwierig ging es auch in den 30er Jahren weiter.

Erst nach dem 2. Weltkrieg gelingt ein Neubeginn.Es beginnt der Auf- und Ausbau der Hund Möbelwerke. Nach den Wirren des Krieges wird neben dem Standort Oberwolfach im nahegelegenen Biberach ein Gelände von ca. 6.000 qm erworben. Dort entsteht bis 1951 der Hallenneubau mit Zuschneide und Trockenräumen.

Und der Standort Biberach wächst. 1961 erstreckt sich das Firmengelände auf über 20.000 qm mit einer Produktionsfläche von 3.600 qm. Gleichzeitig wird das Werk in Wolfach modernisiert und produktionstechnischen Anforderungen angepasst. Das Unternehmen beschäftigt Anfang der 60er Jahre in Biberach 68 gewerbliche Mitarbeiter, in Oberwolfach sind 73 Arbeitnehmer beschäftigt. Auch die Möbel gehen mit der Zeit. Es werden nicht nur Stauraumprogramme produziert, sondern Organisationsmöbel, die Büroflächen strukturieren und sich den vorherrschenden Arbeitsprozessen anpassen. Und die Zeit schreitet weiter voran.
 
Die 70er Jahre stehen im Zeichen der Modernisierung. Es bahnen sich weitreichende Neuerungen in Produktions- und Organisationsabläufen sowie im Produktdesign an. So hältdie elektronische Datenverarbeitung in Finanzbuchhaltung und Produktion Einzug. Hund Möbelwerke beschreitet als eines der ersten Unternehmen der Branche EDV-Neuland und wird mit der Einführung von EDV-Systemen, speziell konzipiert für die Möbel- und Holzindustrie, damals führend. Durch Produktinnovationen und der vollständigen Modernisierung der Maschinenstraße in Wolfach im Jahr 1979 wird eine Verdopplung des Umsatzes im Vergleich zu 1975 erreicht.
 
Am 1. Januar 1982 wird Dieter Hund zum Geschäftsführer bestellt. Die Expansion geht nun auch im Ausland weiter. Eine Handelsvertretung in Belgien wird aufgebaut, ausgestellt wird ferner auf Messen in Chicago und Mailand. Der EU-Rat in Brüssel wird beliefert. Eine Planungsabteilung wird aufgebaut, das Programm „Exponent“ entwickelt, ein modulares, ausbaubares und reversibles Tischprogramm. Am Standort Biberach wird die Produktionskapazität durch die Erweiterung der Produktionshallen deutlich nach oben geschraubt. Das Unternehmen professionalisiert sich in den 80er Jahren weiter. Vielleicht ganz typisch für dieses Jahrzehnt. Bereits 1976 wird das Unternehmen organisatorisch umgebaut. Es sindjet zt nicht mehr die Gesellschafter Horst und Gerd Hund für selbständige Standorte zuständig, sondern die Aufgaben werden unabhängig vom Standort geteilt. Doppelfunktionen entfallen. Und die 80er Jahre bringen eine entscheidende Produktinnovation. Horst Kopp, Betriebsleiter der Hund Möbelwerke, führt Ende der 80er Jahre die Gehrungsverleimung ein.Mit Kompetenz und dem nötigen Know-how aus dem Bereich des Gehäusebaus erfolgt die
 

Umstellung auf die gehrungsverleimte Konstruktion, die noch heute die Schranksysteme des Unternehmens kennzeichnet und ein Alleinstellungsmerkmal ist. Hierfür wurden Produktionshallen und Büros in Biberach auf über 10.000 qm ausgebaut.Das wiedervereinigte Deutschland war 1991 von Aufbruchstimmung geprägt, die sich auch in der Unternehmensgeschichte der Hund Möbelwerke widerspiegelt. In Biberach wird eine automatische Krananlage in Betrieb genommen und ein EDV-gestütztes Zuschnittlager errichtet. Diese Erneuerungen bilden die Basis, um fortan in Kleinserie produzieren zu können. In Folge der hohen Nachfrage und des großen Erfolges entscheidet sich die Unternehmensleitung für den Ausbau der Kapazitäten und den Zukauf leerstehender Hallen im unterfränkischen Sulzdorf. Die dortige Immobilie bietet 100.000 qm Fläche und 14.000 qm vorhandene Hallenflächen.

Der Standort Oberwolfach wird mangels Modernisierungsmöglichkeiten aufgegeben. 1993 scheiden die beiden ehemaligen Geschäftsführer Gerd und Horst Hund aus dem Unternehmen aus. Horst Hund hatte die Geschäftsführung bereits an seinen Sohn Dieter Hund im Jahr 1982 übergeben, Gerd Hund übergibt sie an seinen Sohn Hendrik im Jahr 1993. Parallel dazu wird neben dem Produktportfolio die Beratungsleistung immer wichtiger. Alle zwei Monate erscheint nun ein Magazin mit dem Titel „Novum Organum“, das über Themen wie „Wirtschaftlichkeit im Büro“ oder „Visuelle Störungen“informiert.

Durch Schulungsmaßnahmen werden sowohl Mitarbeiter als auch wichtige Händler in Bereichen wie ergonomischer Arbeitsplatzgestaltung, Nutzwertanalyse oder Präsentationstechnik geschult oder zum geprüften Büroeinrichter ausgebildet. Für die Ausstellung und die Büromitarbeiter wurde in Biberach ein markanter Neubau erstellt.Im April 2001 wird die 3K-Büromöbel-Vertriebs GmbH gegründet. Hund Möbelwerke übernimmt den Vertrieb der Produkte des Büromöbelherstellers 3K. Die Produktion des Herstellers 3K wird damals nicht übernommen. Im Zuge der Gründung dieser Vertriebs-GmbH bereichern große Namen das Kundenportfolio der Hund Möbelwerke. Im Sommer 2002 wählt der Verband „Büro-, Sitz- und Objektmöbel e.V.“ (bso) Hendrik Hund einstimmig zu seinem neuen Vorsitzenden. Dies ist er bis heute. In den vorangegangenen sechs Jahren leitet Hendrik Hund den EDV-Ausschuss des Verbandes, dem es unter anderem gelingt, einen einheitlichen Datenstandard für die graphische und kaufmännische

 

Einrichtungsplanung in der Büromöbelbranche zu schaffen. Bereits 1996 wurde er in den Vorstand des Verbandes der Deutschen Büromöbelindustrie Wiesbaden, gewählt. Seit 2000 ist der Mitglied im Vorstand des bso, heute iba (Industrieverbände Büro und Arbeitswelt). 2002 trifftdie Büroeinrichtungsbranche der bis dahin schwerste und längste Nachfragerückgang der Nachkriegsgeschichte. 2003 erreicht die Branchenkrise auch Hund Möbelwerke, die nur mit Restrukturierungsmaßnahmen wie Personalabbau nach langer Kurzarbeit, Kostensenkungen in allen Bereichen und dem Streichen der Sonderzahlungen für Mitarbeiter und Geschäftsleitung bewältigt werden kann. Da nun auch die 3K-Produkte selbst produziert werden, konnte Schlimmeres verhindert werden. Gleichzeitig erhielt das Produktsortiment durch die 3K-Kollektion einen wichtigen Modernisierungsschub, da viele Alt-Konstruktionen durch Modellbauweise abgelöst werden konnten.

Am 1. April 2009 wird der 4. Generationenwechsel in der Unternehmensgeschichte eingeleitet. Dieter Hund, der das Unternehmen seit 37 Jahren mit gestaltete und prägte, trittin den Ruhestand und übergibt die Unternehmensführung an seinen Sohn André, der diese heute gemeinsam mit Hendrik Hund führt. André Hund trat 2003 in das Unternehmen ein und war bis 2009 für den Auslandsvertrieb des Unternehmens verantwortlich. 2009 erhält das Unternehmen einen überarbeiteten frischen Markenauftritt. Mit der Plattformlösung CTV wurde der Tischbereich revolutioniert und die verkauften Stückzahlen an hochwertigen Systemtischen im Laufe der Jahre fast verdoppelt. Insgesamt werden nun ca. 25.000 Tische pro Jahr produziert. Diese Entwicklung wurde begleitet durch Möbelsysteme für Konferenzen, Empfangstheken, Abschirmungen und sichere Module für Elektro- und Datenkabel-Management. Im hochwertigen Bereich wurde mit der M-Line eine Serie für Architekten und Selbständige mit Ansprüchen an hochwertige Gestaltung entwickelt, Markenzeichen die dreidimensionale Gehrung ist. Über das gesamte Sortiment können Farblackierungen in allen RAL-und NCS-Tönen sowie in Furnier angeboten werden. Die Optimierung von Produktentwicklung und Produktionsmöglichkeiten führte seit 2010 zu Produktionssteigerungen von bis zu 50% und legte die wirtschaftliche Grundlage für die Digitalisierung des Unternehmens.

Heutzutage und in Zukunft stehen neue Einrichtungskonzepte im Fokus. Die Tischkonstruktionen werden einfacher, die Büroeinrichtung insgesamt aber gewinnt an Wert. Sie wird wohnlicher. Arbeitgeber sind heute eher bereit in qualitativ hochwertige Möbel zu investieren. In diesen Zeiten begreift sich Hund Möbelwerke als Anbieter modularer Produkte und Services, der seine Kunden bei der Einrichtungsplanung mit ästhetischer Haltbarkeit und langfristiger Erweiterbarkeit unterstützt. Dafür werden an beiden Standorten bis Ende 2020 insgesamt 8 Mio. Euro in Maschinenpark, Gebäude und Softwarelösungen investiert.